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Die Rover & Leiter Lappland Expedition März 2004

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Artikel im Klönschnack

Nach langem Gezeter um Zuschüsse, Ausrüstungsfragen und Beschaffungsprobleme derselben waren am 5.3.04 endlich alle Vorbereitungsfragen geklärt und es ging im Gruppenraum ans Packen. Essen für fast drei Wochen, Ausrüstung wie Kocher, Zelte und Schneeschaufeln wurden in unsere Gepäckschlitten (Pulkas) geladen und mit gewissem Schrecken stellten wir fest, dass diese ein stattliches Gewicht von ca. 80. kg angenommen haben.

Erst spät verliessen wir die Gruppenräume und sahen uns am nächsten Morgen nach extrem wenig bis hin zu gar keinem Schlaf am Hauptbahnhof wieder. Viele Eltern und Freunde waren gekommen um unsere Truppe zu verabschieden und es lag ein Hauch der Spannung in der Luft, wie die Reise wohl verlaufen wird und ob wir alle heil wiederkommen. Nach einem gewaltigen Blitzlichtgewitter schlossen sich bald die Türen und es ging los.

In der Bahn reagierten die Bahnbeamten argwöhnisch auf das viele Gepäck, haben aber auch keinen Aufstand gemacht.

In guter Stimmung und Vorfreude auf die Reise wurde so mancher Mitfahrer verärgert und beschwerte sich. Der Höhepunkt der Beschwerdewelle war in der folgenden Nacht, als ein Schlafwagenabteilnachbar in der Tür stand und lautstark stammelte: „You always bla bla bla!!!“. Dies waren Worte, die sich festsetzten und noch oft zitiert wurden. Irgendwann gaben wir jedoch auch Ruhe und wachten auf in einer in tiefes Weiss getauchten Welt. Überall tiefer Schnee, so wie wir es wünschten.

Beim Überqueren des Polarkreises hatte Palle dann die Ehre, uns die Polartaufe zu geben, da er der einzige war, der diesen bereits überquert hatte. Passend erfolgte die Taufe mit einem kleinen Tetra Pak Lapplandia Wasser.

Angekommen an unserem Ziel, Abisko, wurden zum ersten Mal für einige von uns Skier angeschnallt und erste Fahrversuche gemacht. Auf diese Weise begaben wir uns zu unserem ersten Lagerplatz direkt auf einem Fluss.

08. März:

Die ersten zwei Tage vor Ort waren dem Skitraining zugedacht und so übten wir zunächst das Abfahren an einem kleinen Hang am Fluss. Nach einigen Notbremsen mit dem Hintern nahm das Skifahren bald Form an.

09. März:

Da die Trainingsmöglichkeiten hier mangels geeigneten Abfahrten noch nicht optimal waren, entschlossen wir uns, den nächsten Tag weiter zu ziehen und merkten, dass wir noch sehr langsam waren, dies war jedoch kein Wunder, denn wenn man den rechten Weg verlässt und sich durch Unterholz schlägt, kann es einfach nicht schnell gehen. Auch wenn Janni zusammen mit der Pulka einen Sturz hinlegt, der das Zuggestell zum Bersten bringt, wird mehr Zeit in Anspruch genommen. Das war aber alles nicht schlimm, da wir ja eigentlich sowieso nichts an Kilometern schaffen wollten. Wir schienten das Zuggestell mit dem Griff von einer Schneeschaufel und liessen uns an einer windgeschützten Stelle für die Nach nieder. Sogleich begann Robin den Versuch, ein Iglu zu bauen. Dies erwies sich jedoch als sehr Zeitaufwendig und wurde dann auf halbem Wege abgebrochen. Es reichte immerhin aus um eine schöne windgeschützte Sitzrunde zu schaffen.

In dieser Runde erblickten wir dann auch das erste Mal auf der Fahrt das Nordlicht, welches sich strahlend und wabernd über den ganzen Himmel zog, welches mit gelben, rosa und blauen Farben eigentlich das schönste der Reise war.

10. März:

Der erste planmässige Wandertag der Reise führte uns über einen See. Wir hatten Temperaturen weit unter Null erwartet und reagierten somit enttäuscht als der See an der Oberfläche z.T. aufgetaut war.

Nach dem See stellten wir fest, wo der Unterschied zwischen Sommer- und Winterweg auf dem Kungsleden besteht, denn wir nahmen den Sommerweg ohne Spuren und in für Pulken unwegsamen Gelände.

Nett war jedoch das es hier die schöneren Lagerplätze gab. Robin machte hier einen weiteren Versuch des Baus einer Schneehöhle: Aufschütten von Schnee zu einem grossen Haufen und dann Aushöhlen. Diesmal hatte er Erfolg und baute sich ein gemütliches Heim.

11. März:

Sogar gut geschlafen hatte er darin.

Das wir mit dem Sommerweg den falschen genommen hatten zeigte sich an diesem Tag sehr deutlich, denn mit einer starken an einem Bach wurden wir vor eine schwere Hürde gestellt. Wie sollten wir da mit den Pulken rauf? Mit gemeinsamer grässlicher Anstrengung wuchteten wir sie hoch und weiter gings, höher und höher bis wir die Baumgrenze überquerten.

Mit Freude stellten wir die Abnahme der Temperaturen fest und erreichten nun zweistellige Minusgrade. Es war der erste Abend über der Baumgrenze und leicht neblig. Auf diese Weise haben wir zum erstem Mal das Phänomen festgestellt, keine Steigungen und Unterschiede zwischen Himmel und Erde mehr feststellen zu können. Man konnte gehen und ein Schneewehe herunterfallen, ohne diese vorher gesehen zu haben, was aber auch nichts schlimmes ist, denn man fällt ja weich.

12. März:

Es war Müsli Tag. Wir hatten eigentlich für jeden Tag eine halbe Packung Müsli angedacht, verbrauchten aber eine Ganze und ernannten somit jeden Zweiten zum Müsli Tag.

Wir machten extra viel Milch, die leider jedoch keiner trinken wollte und es blieb an mir hängen, da ich sie nicht wegwerfen wollte. Ich vermute das dieser übermässige Milchgenuss der Grund für meinen Marathon war, den ich auf der folgenden Wanderung zum nächsten Plumpsklo antrat, auf dem sich Montezuma grausam an mir rächte.

Wieder war es neblig und dies erschwerte die Orientierung. Wir wollten gerne auf dem See gehen, aber wo fängt er an und hört auf? Im Nebel konnte man das kaum sehen. So blieben wir in Sichtweite der Kungsleden-Wegzeichen und gingen nur halb auf dem See. Die Temperaturen fielen und Lukas war stolz auf das erste Mal Eis im Bart.

Nach dem Aufschlagen unseres Lagers und dem Bau von einer gemütlichen Sitzecke im Schnee stellten wir noch tiefer fallende Temperaturen fest. Unter -25°C zeigte das Thermometer bereits an. Nun sollte sich entscheiden, ob unsere Schlafsäcke etc. auch warm genug sind.

13. März:

Sie waren warm genug und es durfte sogar noch kälter werden. Seltsam jedoch, dass es wärmer wurde, nicht von den Temperaturen her, aber die Sonne schien und es war windstill, warm genug fast, um im T-Shirt zu laufen.

Im Schutz einer Rentierhüterhütte bauten wir unsere Zelte auf und bewunderten am Abend bei klarem Himmel die zwar nicht spektakulären, aber vielen und grossen Nordlichter am Himmel. Ganz und gar nicht bewunderten wir den Benzingeruch, welcher aus einer Pulka stieg und welchen Lukas nach dem Genuss einer stark nach Benzin schmecken Schokolade feststellte. Einer der Benzinkanister war ausgelaufen und die Schokolade hatte den Geschmack davon angenommen. 40 Tafeln Schokolade waren verseucht, ein schwererer Schlag.

Robin und Palle gruben sich Schneehöhlen in einer Schneewehe vor der Hütte.

Dies sollte sie eigentlich vor dem Wetter schützen, funktionierte aber nicht ganz, denn in der Nacht kam starker Wind auf. Während wir anderen in den Zelten das Zerreissen oder wegfliegen derselben befürchteten, wirbelte der Wind Triebschnee in Robins und Palles Schneehöhlen. Robin konnte wie immer wunderbar schlafen, aber Palle nicht und verzweifelt versuchte er sich durch das Aufstellen seiner zweiten Isomatte einen Windschutz zu bauen. Diese wehte jedoch immer wieder weg und so nahm er bald entnervt sein Messer und rammte damit die Isomatte in der Schneedecke fest.

14. März:

Es war gut, dass Robin guten Schlaf hatte, denn es war sein Geburtstag. Wir alle sind früher aufgestanden wegen unserer Angst um die Zelte und stellten uns in einer plötzlichen Windpause vor seine Schneehöhle und sangen Geburtstagslieder. Als Antwort darauf flogen aus seiner Höhle sechs Japps heraus, dass perfekte Frühstück an solch einem Morgen, zwar ziemlich hartgefroren, aber wir haben ja harte Zähne und Geduld.

Der Wind hatte nur eine kurze Ruhepause gemacht um danach umso stärker zu wehen. Der Plan war, bis zur nächsten Hütte aufzusteigen, um dort windgeschützt richtig frühstücken zu können. So taten wir es dann auch, wobei sich der Wind zum Sturm stärkte und zu einem eisigen und harten Gegner wurde.

Nach der Hütte kam zum Sturm und Triebschnee auch noch Schnee von oben hinzu und so hatten auch wir anderen zum ersten Mal Eis in den Bärten.

Unter diesen Umständen kämpften wir uns durch bis zur Schutzhütte auf dem Tjäktja Pass und blieben dort für die Nacht.

15. März:

Der Abstieg erwies sich als sehr steil und mittlerweile wissen wir, dass wir die Pulken hätten rückwärts herunterlassen sollen. Denn Alex legte mit einer Pulka einen schweren Sturz hin, bei dem auch noch das zweite Zuggestell kaputt ging. Auch dies schienten wir mit den Griffen der Schneeschaufeln und weiter ging es.

An diesem Abend baute Robin eine weitere Version von Schneehöhle, diesmal ein zusammengestelltes Konstrukt aus grossen ausgesägten Schneeplatten.

16. März:

Es war ein Sonnentag wie schon vorher, an dem man im T-Shirt hätte laufen können, und das bei unter -10°C. Wir sahen den Kebnekaise, welchen wir eigentlich besteigen wollten, dies hätte aber zusätzlich weitere drei Tage gekostet plus Abwarten von Schlechtwettertagen und die hatten wir nicht.

Am Abend fiel das Thermometer wieder unter -20°C und wir zelteten in einem ziemlich windgeöffneten Sumpfgebiet.

17. März:

Dies war ungünstig, da morgens mehr und mehr Wind aufkam und der war auch noch eisig kalt. Dies zwang uns, mal nicht im Freien zu frühstücken, sondern im Zelt. Dies ist zu siebt in einem Zwei Mann Zelt eine sehr enge und dreckige Angelegenheit, wenn der Eine bei dem Anderen immer durch kleine unachtsame Bewegungen den Kakao verschüttet etc.. Zu allem Übel zogen auch noch Wolken auf und es fing an zu schneien, sodass wir bei der Wanderung in einen argen Schneesturm gerieten, welcher z.T. die Sicht so verschlechterte, dass man das nächste, 40m entfernte Wegkreuz nicht mehr sehen konnte. Darüber hinaus war der Boden zum grossen Teil vereist, was die Fortbewegung mit Skiern zur Tortur machte.

Die Verständigung funktionierte nur über Brüllen, da der Sturm mit dem Schnee so laut um die Kapuzen schlug, und die Stimmen verschluckte. Grosse Erleichterung machte sich breit, als wir wieder Wald sahen, wo wir einen windgeschützten Lagerplatz fanden. Beim Essen im Freien wurden wir ziemlich eingeschneit, was sehr unschön war, vor allem wenn man stets vergeblich versucht, schneegeschwängerten Windböen auszuweichen. Es war jedoch angenehm zu merken, dass wir trotz dem vielen Schnee, welcher auf uns lag und geschmolzen ist, nicht nass geworden sind.

18. März:

Da wir ganz gut in der Zeit lagen, machten wir uns einen etwas faulen Tag und wanderten nur etwa 6km bis vor den nächsten Pass, welchen wir am nächsten Tag überqueren wollten.

19. März:

Dies taten wir dann auch bei relativ schönem Wetter und alles lief beim Weg bergauf und oben auch gut.

Jedoch hatten wir nicht gedacht, dass der Abstieg so steil sein würde. Mit den Skiern glich das Absteigen eher einem herunterfallen.

Ohne die Skiern glich es einem Heruntersinken und so war beides kein grosser Spass. Mit den Pulken war es am anstrengendsten, diese brachten wir unter lautem Fluchen und Keuchen rückwärts herunter. Wir kamen unten an einen See und auf den Tip einer Hüttenwärtin hin gönnten wir uns eine Nacht in einer kleinen Windschutzhütte am anderen Ufer. Am selbigen Abend entdeckte Robin die Möglichkeit, sich mit einer Plane und Skiern übers Eis ziehen zu lassen. Das war je nach Windverhältnissen sehr amüsant und auch schnell.

20. März:

Wieder einmal war unser geliebter Müsli Tag. Wir haben viel Milch angerührt, penibel gerecht das Müsli verteilt, nur um dann festzustellen, dass dieses, ebenso wie die Schokolade, mit Benzin verseucht war. Das Müsli landete im Schnee.

Die Hüttenwärtin sagte es würde frischen, aber nicht harten Wind und etwas Schnee geben. Dies klang für uns nicht so schlimm und wir machten uns an den letzten Pass. Schon die ersten Kilometer waren extrem anstrengend, denn es gab hier keinen guten Winterweg, sondern nur den selbst durch die Bäume gebahnten, was schon sehr anstrengend war. Oberhalb der Baumgrenze wurde der Wind immer stärker, entwickelte sich zum Sturm, es fing an zu schneien und schon wieder steckten wir im Schneesturm. Diesmal war es noch ungünstiger mit dem Sturm, da der Pass sehr lang und das Ziel weit weg war. Zum Teil war der Weg vereist und man kam mit den Pulken nur im Gänsemarschtempo voran. Der Wind zog einem die Luft aus dem Mund und das Atmen wurde schwer.

So langsam hatten wir alle Eis in den Bärten, welcher sich auch in der Kleidung bildete und so eiste man mit seiner Kleidung zusammen was beim Lösen der Verbindung sehr schmerzhaft war. Die Wangen und Nasenspitzen waren halb taub geblasen sodass so mancher von uns ein baldiges Erreichen unseres Ziels ersehnte, dem Wald. Es wurde jedoch langsam dunkler und die Sicht schlechter. Fast schon im Dunkeln erreichten wir dann doch noch eine halbwegs geschützte Stelle am Wald.

21. März:

Die letzte Etappe der Wanderung bestand in dem Abstieg von dem Pass. Dieser war wieder einmal sehr steil und wir mussten ihn erst durch den Wald suchen. Die letzten Meter gingen wir an den Pulken hängend, auf ihnen sitzend oder vor ihnen herschlitternd, was trotz vielem Fluchen doch auch amüsant war.

22. März:

Der See an unserem Ziel war eine unwirkliche und eisige Gegend. Ein wenig so, als ob es eine eingefrorene, tote Welt wäre.

Wir verliessen diesen in Richtung Gällivare mit dem Bus. Dort angekommen schliefen wir an einem öffentlichen Grillplatz. Lukas, Robin und Ich schliefen in Schneehöhlen, die schon jemand anderes gebaut hatte.

23. März:

Unsere Übernachtung erstaunte einige Passanten, was nicht verwunderlich ist.

Nach nunmehr 2 ½ Wochen wuschen wir uns zum ersten wieder auf der Bahnhofstoilette und traten die Heimreise an. Ebenfalls wieder vielen Beschwerden der Mitreisenden, ob der lautstark die überstandene Reise feiernden Truppe.

 

Alexander Reul, März 2004 (auf der Heimreise im Zug)

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